Von dem kleinen Ort Loch fuhren wir in Hillas Auto etwa eine Dreiviertelstunde nach Südwesten, bis wir bei San Remo über eine Brücke nach Phillip Island fuhren, um dann nach wenigen Kilometern über eine weitere Brücke auf die wesentlich kleinere Insel Churchill Island zu gelangen.
Letztere ist nicht etwa nach dem Britischen Premierminister benannt, sondern nach einem Samenhändler namens John Churchill, der im 18. und frühen 19. Jahrhundert im englischen Küstenort Dawlish (Grafschaft Devon) lebte, und der um 1800 eine Zusammenstellung von Samen und Setzlingen verschiedener Nutzpflanzen der Besatzung eines Expeditionsschiffes übergab mit der Auflage, damit im Zielgebiet, eben an der Australischen Südküste, einen Nutzgarten „zum zukünftigen Wohle unserer Mitmenschen, seien sie Landsleute, Europäer oder Wilde“ anzulegen.
Der Plan wurde tatsächlich auch umgesetzt, und zwar auf eben dieser Insel, an der das Schiff im Jahr 1801 anlandete. So kam es, dass hier der erste europäisch gestaltete Garten in der Provinz Victoria entstand und auch die erste Weizenernte dieses Kontinents eingefahren wurde. Auch ein Blockhaus wurde errichtet – aber nach wenigen Monaten brach das Schiff zu neuen Ufern auf, und der Garten wurde sich selbst überlassen.
Nach diesem kurzen Experiment im Jahr 1801 gab es bis Mitte des 19. Jahrhunderts keine dauerhafte europäische Besiedlung der Insel. Erst im Jahr 1860 errichtete eine aus England stammende Siedlerfamilie hier eine Farm.
1872 kaufte Samuel Amess, ein bekannter Steinmetz und ehemaliger Bürgermeister von Melbourne, Churchill Island als ländlichen Rückzugsort für seine Familie. Amess errichtete das stattliche Gehöft Amess House (fertiggestellt 1872) und verschiedene Nebengebäude, von denen viele heute noch intakt sind. In der Ära der Familie Amess (bis in die 1920er Jahre) wurde die Insel hauptsächlich als Sommerresidenz und Bauernhof genutzt und von angeheuerten Landarbeitern bewirtschaftet, während die Familie Amess die Insel saisonal besuchte.

Dieses Areal steuerten wir an; es ist heute ein öffentlich zugängliches nationales Kulturerbe, wo täglich verschiedene Vorführungen stattfinden, wie zum Beispiel eine Schafschur.

Traditionell veranstalten die Schafscherer regionale und nationale Wettbewerbe, um zu ermitteln wer von ihnen pro Stunde die meisten Schafe scheren kann. Dieser hier brauchte etwa 5 Minuten für ein Schaf.



Die nächste Vorführung fand im Freien statt und stand unter dem Titel „Working Dogs“. Hierbei wird demonstriert, wie die Schafhirten mit verschiedenen Techniken die Hütehunde dazu einsetzen können, eine verstreute Schafherde in kürzester Zeit zusammen zu treiben oder sie in eine bestimmte Richtung zu lenken – sehr beeindruckend!


Bei einer weiteren Vorführung wurde uns gezeigt, wie man eine Peitsche so richtig laut knallen lässt. Wer wollte, konnte das dann unter Anleitung gleich selbst ausprobieren. Wie das folgende Video zeigt, habe ich mich daran auch versucht. Es ging mir wie den meisten anderen Probanden auch: Beim ersten Versuch klappte es noch nicht so richtig, aber beim dritten und vierten dann doch schon ganz gut.
Die folgenden Fotos zeigen Innenansichten aus dem Amess House:







Vitrine mit ausgestopften Vögeln
Die Fotos zeigen, dass die Familie Amess für die damalige Zeit sehr wohlhabend gewesen sein muss. Man kann sich aber auch gut vorstellen, dass deren Bedienstete und erst recht die einfachen Landarbeiter in sehr beengten und ärmlichen Verhältnissen gelebt haben müssen.




Als nãchstes kehrten wir über die besagte Brücke auf die Hauptinsel Philipp Island zurück und steuerten dort das Koala Conservation Reserve an. Hierbei handelt es sich um eine Einrichtung ähnlich dem „Tasmanien Devil Unzoo“, d.h. man kann dort Tieren (in diesem Fall vorwiegend Koalas) in einer sehr arttypischen Umgebung in sehr großen Gehegen begegnen und sie beobachten.
Aber das Tier, das wir dort als erstes sahen, war kein Koala, sondern …

Da wir erst um kurz vor 16 Uhr dort eintrafen, stand die Sonne schon ziemlich niedrig. Daraus ergaben sich …





Bekanntlich verbringen Koalas ja den größten Teil des Tages schlafend oder dösend, und in den kurzen übrigen Zeiten bewegen sie sich auch äußerst sparsam, um Muskelenergie zu sparen.

Wir fuhren weiter zur Halbinsel Summerlands im Südwesten von Philipp Island und erreichten gegen 17 Uhr an deren Spitze die Nobbies, eine Ansammlung von kleinen felsigen Inseln, die der Küste vorgelagert sind. Das gleichnamige Besucher Zentrum schloss zwar gerade, aber dank ausgedehnter Holzstege und -Treppen (boardwalks) konnte man das Gelände bequem erkunden und die spektakulären Aussichten genießen.














Apropos Möven – die sind dort tatsächlich sehr dominierend. Sie haben keinerlei Scheu und benehmen sich, als hätten sie Anspruch auf alles Essbare, was irgendwelche ahnungslose Menschen dort auspacken. Diese Erfahrung mussten wir selbst bei einem „Picknick mit Hindernissen“ machen.
Unser letztes Ziel auf dieser Tagestour war die Penguin Parade sowie das dazugehörige Besucherzentrum, Dies ist an sich ein Spektakel ähnlich dem Erlebnis, das wir schon auf Tasmanien hatten, nur in mehrfacher Hinsicht viel größer: Das Gelände hier, über das sich das Nist- und Brutgebiet der Zwergpinguine erstreckt, ist viel ausgedehnter; bedingt dadurch können die Besucher eine viel größere Zahl von Pinguinen beobachten, zugleich ist aber die Zahl der Besucher, die das Spektakel anschauen (hier auf großen Tribünen sitzend) auch bei weitem größer als dort. Gemeinsam ist beiden Erlebnissen, dass das eigentliche Spektakel erst kurz nach Einbruch der Dämmerung beginnt. Aus diesem Grund öffnet das hiesige Besucherzentrum auch erst um 17 Uhr. Als wir auf dem Parkplatz eintrafen, war es aber bereits 18 Uhr.

Dieses Tier begegnete uns am Rande des Parkplatzes:


Drinnen im Besucherzentrum gibt zahlreiche Infotafeln mit erläuternden Texten, die die Lebensweise der Zwergpinguine erklären, sowie einige Exponate – hier zwei Beispiele:


Nachdem wir uns hier umgesehen hatten, kehrten wir noch einmal ein in einer Cafeteria, um uns mit Kaffee und Eis bzw. Donuts zu stärken. Gegen 19:30 Uhr brachen wir dann auf, um zu der besagten Tribüne zu gehen








Von der eigentlichen Penguin Parade haben wir leider keine Fotos, weil es zu der Zeit schon zu dunkel war. Es war aber durchaus beeindruckend.
Gegen kurz nach neun traten wir den Rückweg zum Parkplatz an. Dann hatte Hilla allerdings noch eine Strecke von knapp 2 Stunden Fahrtdauer zu bewältigen, um uns heim zu bringen. Entsprechend spät wurde es, und entsprechend erschöpft waren wir, als wir nach einem langen Tag glücklich dort eintrafen. Danke, Hilla!